Petition gegen die Zellstofffabrik CELLUCAM in Kamerun, 1979
Ich war seit Ende 1977 über die österreichische EZA als Professor für Regionalplanung und -entwicklung in Kamerun am Institut Panafricain pour le Développement in Douala EZA angestellt.
Im Sommer 1979 erfuhren wir, dass die VOEST ein großes Zellstoffwerk bei Edea baut, und dass zu diesem Zweck unberührter tropischer Urwald abgeholzt wird.
Gemeinsam mit einem Kollegen vom Deutschen Entwicklungsdienst fuhr ich mit einem kleinen R4 die bereits fertig gestellte Piste quer durch den Urwald und machte mit meiner kleinen Super8-Kamera Aufnahmen. Links und rechts der Straße waren anscheinen mit Caterpillar große Urwaldriesen geschlägert worden. Der Boden trat nackt zutage, was die Erosion in diesen Breiten (4 m Niederschlag/Jahr) sehr verstärkt. Die einheimische Bevölkerung war überhaupt nicht gefragt worden. Aber man hatte sich Arbeitsplätze und einen wirtschaftlichen Aufschwung erwartet.
Im Sommer 1979 war ich dann in Österreich und nahm mit einigen Kollegen an der UNO-Konferenz für Wissenschaft und Technologie zur Entwicklung (UNCTAD UN Conference on Science and Technology for Development), im angeschlossenen NGO-Forum teil. Dieses Forum B, das „Forum der Nicht-Regierungsorganisationen“ begann eine Woche vor Konferenzbeginn. Von offizieller Seite wurde es misstrauisch beäugt: „Es wurde allerdings befürchtet, „dass das Forum von extremistischen Gruppen benützt wird, um sich in Szene zu setzen. Aufgrund der Konferenzthematik ist jedenfalls damit zu rechnen, dass Gruppen wie die Atomgegner, die Umweltschützer, die Vertreter pazifistischer Bewegungen u. a. an dem NGO-Forum regen Anteil nehmen.“ http://austriaca.at/0xc1aa500e_0x00137254.pdf, S. 16
Gemeinsam mit einem Freund aus der Studentenbewegung verfasste ich eine Petition, die wir – damals noch mit einem riesengroßen „Telex“ Gerät – versandten. Da es aber eine sehr heterogene Mischung von verschiedensten Aktivisten war, gab es kein Echo dazu.
Die Zellstofffabrik wurde dann erst 1982 eröffnet. Nach 6 Monaten kam es zu einer Explosion und das Werk wurde stillgelegt. Der Urwald wurde so teilweise geschont. Die Verschuldung Kameruns nicht!
2002 schrieb die Wiener Zeitung; Nach einer Explosion im Jahr 1982 wurde Cellucam endgültig geschlossen und zu einer Industrieruine. Neben schwerwiegenden ökologischen Folgen, die die Errichtung des Werkes in Kamerun hinterließ, blieben aber vor allem die Schulden. https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/sport/mehr_sport/334122_Ein-Millionengrab-fuer-Kamerun-aus-Oesterreich.html
Derzeit will die Regierung Kameruns diesen größten Industriefriedhof Afrikas mit einer industriellen Holzverarbeitung und einem Biomasse-Kraftwerk wieder reaktivieren.
Geblieben ist ein Schlager „Cellucam“, aus der Zeit, als sich alle Arbeitsplätze und Aufschwung erwarteten.
43 Jahre später habe ich meine alten Stummfilme gefunden und digitalisiert.